was heißt: „Seelenfreund“

Die Begegnung mit dem Anam Cara ist immer ein tiefes Wiedererkennen, wie es nur in der Liebe möglich ist. Eine Vertrautheit, die immer schon da war. Dieses „Wiedererkennen“ kann auch ein Prozeß sein, der die Seelenfreundschaft immer wieder zusammenhält. Vertrautheit, die auch in Krisen die Liebe bewahrt.

Anam Cara ist der gegenseitige, vorbehaltlose Zutritt zum „Haus der Zugehörigkeit“, zur Seele des Anderen. Dies ist auch der Ort der größten Zärtlichkeit. Jeder hat Zutritt zur geheimsten Individualität des Anderen, ohne Sperren oder Ängste. Seelisch-geistige Intimität, wie sie nur zwischen Menschen möglich ist, die lieben. Jeder schätzt und empfindet Zuneigung zur Individualität des Anderen. Und jeder ist dem Anderen ein ehrlicher Spiegel, – Vertrautheit ohne Lüge.

Natürlich ist es in dieser unversperrten Nähe auch wichtig, die Grenzen des Anderen zu achten. Sensibilität als ein Teil dieser Liebe und Vertrautheit.

Anam Cara ist nicht möglich, ohne dass jeder auch Zugang zum Urquell der Liebe in sich selbst hat, jeder auch das Echo der Ur-Intimität mit Gott in sich trägt. Großzügigkeit und Liebe zu sich selbst sind Voraussetzungen, um dem Anderen geben zu können. Die Liebe zum „geheiligten Anderssein“ des Anam Cara ist die Essenz dieser Freundschaft der Seele. Und diese ist ohne die göttliche Liebe, dessen Ausdruck sie auch ist, nicht möglich.

nach „Anam Cara“, „Das Buch der keltischen Weisheit“, John O’Donohue, dtv Verlag